Persönliche Erklärung zur Abstimmung über das Mandat des Einsatzes der Bundeswehr in Syrien von Daniela De Ridder!

5. Dezember 2015

SPD-Bundestagsabgeortnete Dr. Daniela De Ridder

Erklärung zur Abstimmung über den von der Bundesregierung vorgelegten Antrag „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS“.

Die Akte des Terrors vom 13. November in Paris sowie die Anschläge in Tunesien, Beirut, Ankara und auf der Sinai-Halbinsel haben gezeigt, dass der sogenannte „Islamische Staat“ (IS) seine Aktivitäten längst nicht mehr auf die Kerngebiete im Irak und in Syrien beschränkt. Die Vereinten Nationen haben in mehreren Resolutionen immer wieder die Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit herausgestellt, die vom IS ausgeht.

Mit dem Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Unterbindung und Verhütung terroristischer Aktivitäten des IS trifft der Deutsche Bundestag eine Entscheidung, die diesem offenkundigen Strategiewechsel Rechnung trägt. Die Bundesregierung zeigt damit, dass sie sich ihrer Verantwortung in der internationalen Politik bewusst ist und solidarisch an der Seite Frankreichs, seiner europäischen und internationalen Partner steht.

Im Rahmen des Mandats wird Deutschland die internationale Allianz bei der Aufklärung und Beobachtung des militärischen Einsatzes und durch den Schutz eines französischen Flugzeugträgers unterstützen. Ein Einsatz von Bodentruppen ist von der Bundesregierung nicht vorgesehen und für mich keinesfalls die logische Konsequenz des jetzigen Beschlusses.

Mit militärischen Mitteln wird man die Bedrohungslage, die vom IS ausgeht, jedoch nicht auflösen können. Es darf nicht vergessen werden, dass die Saat des IS bereits mit dem IrakKrieg zu Beginn des Jahrtausends ausgebracht wurde und so eine Ausdehnung des Einflussgebietes des IS während des syrischen Bürgerkrieges überhaupt erst ermöglicht wurde. Das Assad-Regime hat gezielt auf eine militärische Eskalation gegen die eigene Zivilgesellschaft gesetzt und damit die Destabilisierung des gesamten Staates mutwillig provoziert.

Umso mehr unterstütze ich die Anstrengungen der Bundesregierung, und hier in erster Linie unseres Außenministers Dr. Frank-Walter Steinmeier, politische Lösungen des SyrienKonflikts zu erwirken. Es ist meine feste Überzeugung, dass Konflikte mit derart verhärteten Fronten nur mit diplomatischen und politischen Mitteln gelöst werden können. Die Erklärungen der Wiener-Konferenzen sind erste Anzeichen von erfolgreichen Verhandlungen, insbesondere da erstmals auch die wichtigen Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien miteinbezogen werden. Es ist jedoch weiterhin zwingend erforderlich, eine gemeinsame internationale Linie zu finden, um die Erfolgsaussichten der Diplomatie weiter zu verbessern. Eine einheitliche Position in der Europäischen Union, die alle Partnerstaaten einbezieht und niemanden aus seiner Verantwortung entlässt, ist dabei unerlässlich.

Gleichwohl muss bedacht werden, dass ein politischer Prozess unter Beteiligung des IS nicht stattfindet, da dieser weder ein Verhandlungspartner sein kann noch sein will. Umso mehr kommt es jetzt darauf an, dieser Terrorgruppierung ihre Grundlage zu entziehen; nicht jedoch, indem man allein die Symptome mit Luftschlägen eindämmen will und dadurch unbeabsichtigt die Argumentation der Radikalen stärkt. Vielmehr muss es darum gehen, jene Ursachen klar zu benennen und zu bekämpfen, die das Erstarken des Terrors in der gesamten Region überhaupt erst ermöglichten. Zum einen kann hier die Friedens- und Konfliktforschung wertvolle Befunde liefern. Dabei gilt es aber dringend, diese Forschungsvorhaben nicht nur punktuell, sondern langfristig finanziell so auszustatten, dass sie wirksame Lösungsstrategien entwickeln können. Hierbei ist es von zentraler Bedeutung, die Ergebnisse mit großer Ernsthaftigkeit und Sorgfalt in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Konflikte entstehen nicht über Nacht; es gibt zumeist eindeutige Anzeichen, die präventiv behandelt werden müssen:

Die gezielte Exklusion ganzer Bevölkerungsschichten von Entscheidungsprozessen, die bewusste Diskriminierung ethnischer Gruppen, Armut und soziale Ungerechtigkeiten sowie die flächendeckende Bildungsarmut sind wesentliche Gründe, die Menschen für eine radikale Weltanschauung zugänglich machen. Es bedarf daher zum anderen erheblicher Anstrengungen im Bereich der Sozialpolitik, der Wirtschafts- und Bildungspolitik sowie in der Entwicklungszusammenarbeit. Gerade diese Politikfelder gilt es, mit Vehemenz und Engagement zur Friedenssicherung in den Fokus weiterer politischer Entscheidungen zu stellen. Als Bildungspolitikerin ist es mir besonders wichtig, dass Aufklärung, Information und Qualifikation unsere primäre Maxime sein müssen. Hier dürfen wir nicht hasenfüßig sein, sondern müssen diese Interessen zur Stabilisierung der Region mutig und keineswegs leise artikulieren.

Alphabetisierung, Grundbildung, Ausbildung und akademisches Wissen sind Grundpfeiler, auf denen die Kohäsion der Gesellschaft aufgebaut wird. Deutschland hat die Kompetenz und die Mittel, um die Entwicklung dieser Fähigkeiten voranzutreiben – etwa durch eine gezielte Außenwissenschaftspolitik.

Nach intensiven Diskussionen und einem schwierigem Abwägungsprozess stimme ich dem Mandat für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS zu. Jedoch betone ich ausdrücklich, dass damit nicht das Einfallstor für den fortwährenden Ausbau des Einsatzes geschaffen werden darf, der letztlich zum Einsatz von Bodentruppen führt. Vielmehr gilt es, die Chancen der Diplomatie zu nutzen und unmittelbar die Ursachen für die Stärke der Terrororganisation zu bekämpfen. Deutschland hat eine starke Stimme in der internationalen Gemeinschaft, die gehört wird!

Mehr Frieden zu wagen, dazu bedarf es des Mutes zu diplomatischen Lösungen oder wie Willy Brandt sagte: „Krieg ist nicht mehr die ultima ratio, sondern die ultima irratio.“

Dr. Daniela De Ridder Berlin, den 04.12.2015