Außer Lob nichts gewesen – Minister machen weiter
6. April 2020
Die Regierungspolitik könnte derzeit kaum sozialdemokratischer sein. Um der Corona-Krise zu begegnen, wird mit vollen Händen Geld ausgegeben. Profitieren kann die SPD davon allerdings nicht – mit einer Ausnahme.
Von Sabine Müller, ARD-Hauptstadtstudio
Foyer der SPD-Parteizentrale: Finanzminister Olaf Scholz und SPD-Chef Norbert Walter-Borjans marschieren zielstrebig in Richtung der beiden weit auseinander stehenden Mikrophone. “Wir halten ein bisschen Abstand, obwohl wir sehr, sehr eng zusammenarbeiten”, betont Scholz.
Die Parteiführung hat zum Statement eingeladen: Walter-Borjans und Scholz wollen über “Erste Erfahrungen mit dem Schutzschirm für Beschäftigung und Wirtschaft” sprechen. Warum man dazu ausgerechnet diese beiden hören sollte, erschließt sich nicht wirklich.
Wenn es um die ganz spezielle SPD-Parteisicht auf das Thema ginge, müsste Walter-Borjans dann nicht besser ohne den Regierungsvertreter Scholz sprechen? Oder vielleicht wollen sie beim Thema gemeinsame EU-Hilfen Druck auf den Koalitionspartner machen? Aber warum verlieren sie dann praktisch kein Wort dazu, außer ein paar Plattitüden?
Frustrierte Genossen
“Hier kann keiner allein durch. Diese Krise bewältigen wir gemeinsam oder gar nicht”, erklärt Walter-Borjans. Schnell wird klar, hier geht es einzig und allein darum zu zeigen: Hallo, die Partei SPD ist auch noch da in dieser Krise.
Denn die Genossen in der Parteizentrale schauen ziemlich frustriert auf die öffentliche Wahrnehmungslücke, in der sie sich sehen. Zwar sind die sozialdemokratischen Minister omnipräsent und werden viel gelobt: Scholz, aber auch Arbeitsminister Hubertus Heil oder Familienministerin Franziska Giffey.
In Meinungsumfragen zahlt das allerdings nicht auf die SPD als Partei ein. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend wird ihr das besonders bitter vor Augen geführt: Die Union steigt dort um sieben Punkte auf 34 Prozent, die SPD liegt unverändert bei 16 Prozent. Es ist das alte Dilemma der SPD: Die Regierungspolitik könnte kaum sozialdemokratischer sein, es wird mit vollen Händen Geld ausgegeben, aber bisher profitiert nur die Union in dieser Stunde der Exekutive.
SPD-Führung tut sich schwer
Man wolle natürlich auch zeigen, “inwiefern wir einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, manchmal vielleicht sogar auch einen ganz wichtigen Akzent noch einbringen”, betont Walter-Borjans. Nur: Jenseits der Regierungspolitik ist das mit dem Akzente setzen gerade äußerst schwierig.
Eigentlich war die vereinbarte Arbeitsteilung ja, dass SPD-Fraktion und Minister die Regierungskärrnerarbeit machen und die Partei mit SPD-Pur-Ideen an ihrem Profil arbeitet. In der Krise funktioniert das aber nicht, wie sich zeigte, als Co-Parteichefin Saskia Esken in dieser Woche in einem Zeitungsinterview mit folgendem Vorschlag um die Ecke kam: “Ich halte eine einmalige Vermögensabgabe für eine der Möglichkeiten, die Staatsfinanzen nach der Krise wieder in Ordnung zu bringen.”
Corona-Abgabe für Superreiche? Solche populistischen Vorschläge will im Moment doch keiner hören, sagen selbst Genossen. Es sei jetzt nicht die Zeit für Parteipolitik. Schwierig also für die noch relativ neuen SPD-Chefs, sich jetzt zu profilieren.
Scholz fast so beliebt wie die Kanzlerin
Der Unterlegene im Rennen um den Vorsitz, Scholz, schafft das gerade mühelos. In Umfragen gehört der Finanzminister immer zu den beliebtesten Politikern, im aktuellen ARD-Deutschlandtrend gewinnt er 17 Prozentpunkte hinzu und liegt damit nur ganz knapp hinter Kanzlerin Angela Merkel auf Platz zwei.
Und vor CDU-Ministerin wie Jens Spahn oder Peter Altmaier und auch vor dem bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder, der in vielen Umfragen gerade der große Gewinner in der Krise ist. Kein Wunder, dass sich Walter-Borjans bei Terminen wie dem im Willy-Brandt-Haus mit Scholz schmücken will und darauf hofft, dass ein bisschen vom Ministerglanz auch auf die Partei abfärbt.
Und Scholz? Der kann darauf hoffen, dass ihm der Dienst an der Partei gedankt wird, wenn es in ein paar Monaten darum geht, wer bei den Sozialdemokraten zum Kanzlerkandidaten gekürt wird. Gut möglich, dass der beliebteste SPD-Politiker der Republik, dessen Beliebtheit in der eigenen Partei sich allerdings in Grenzen hält, dann seinen Anspruch anmeldet.
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