Wie gelingt uns ein soziales Europa? – SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder im Fachgespräch mit Martin Schulz

27. August 2021

Dr. Daniela De Ridder und Martin Schulz in Meppen

Zu ihrer Veranstaltung „Wie gelingt uns ein soziales Europa?“ hatte die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder ihren Fraktions-kollegen und ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz ins Kolpinghaus nach Meppen eingeladen. Neben der Frage, wie ein soziales Europa gelingen kann stand auch die aktuelle Lage in Afghanistan im Fokus der Diskussion. De Ridder betont, dass es nun gilt, so vielen Deutschen, Ortskräften und anderen Schutzbedürftigen wie möglich die Ausreise aus Afghanistan zu ermöglichen.

„Die europäische Einigung ist ein einzigartiger historischer Erfolg, der auf der Idee des freien, friedlichen und solidarischen Zusammenlebens der Menschen beruht. Die Europäische Union ist Garant für eine Zukunft in Frieden, Sicherheit und Wohlstand. Doch nun stellen die Corona-Pandemie und die humanitäre Krise in Afghanistan die EU vor eine große Bewährungsprobe. Aber auch die sozialen Fragen wie etwa der Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Armut, die Besteuerung von supranationalen Unternehmen wie Google und Amazon oder der ambitionierte Einsatz für eine klimaneutrale Infrastruktur sind wesentliche Aufgaben, die es auf gesamteuropäischer Ebene zu lösen gilt. Mehr Europa, nicht weniger – das muss die Antwort auf die gegenwärtige Entwicklung im Euroraum sein. Hiervon sind Martin Schulz und ich zutiefst überzeugt“, betonen Martin Schulz, ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments und  Dr. Daniela De Ridder, SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Mittelems.

Die humanitäre Katastrophe, die sich gerade in Afghanistan ereignet, schockiert derzeit Deutschland, Europa und die gesamte Welt. Die entsetzlichen Bilder, die derzeit täglich im Fernsehen ausgestrahlt werden, lassen nur erahnen, wie angsterfüllt Tausende Menschen in Kabul sein müssen: Menschen, die offenbar so verzweifelt sind, dass sie sich an Fahrwerke startender Militärmaschinen klammerten und aus großer Höhe in den Tod stürzten.

Wie leicht die Taliban die Macht in Afghanistan in kürzester Zeit zurückerlangten, war schlicht nicht vorhersehbar – niemand hat mit diesem Szenario gerechnet, betont Martin Schulz gleich zu Beginn seiner Ausführung. Nun gelte es in Anbetracht dieser entsetzlichen Tragödie, das die Europäische Union, die Nato sowie die gesamte westliche Welt zusammenrücke, um nicht nur viele Staatsangehörige, sondern auch Schutzbedürftige die Ausreise aus Afghanistan zu ermöglichen. Auch wenn es schwer falle, müsse mit den Taliban geredet werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit, so Schulz, wird bei den diplomatischen Verhandlungen deutlich, dass die Taliban derzeit über keinerlei Finanzmittel verfügen und Geldbeträge von den Alliierten fordern würden. Hilfsmittel sollten bereitgestellt werden, um die am meist gefährdeten Menschen aus Afghanistan zu retten, forderte Schulz, der als Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung auch die zahlreichen Mitarbeiter*innen der Stiftung im Blick hat, die sich alle noch in Afghanistan befinden. Doch, da sind sich De Ridder und Schulz einig, werden trotz der intensiven Evakuierungsaktionen nicht alle bedrohten Menschen aus Afghanistan herauskommen – dies gehört zur vollen Wahrheit leider dazu.

Neben dem Thema Afghanistan waren auch die Fragen nach Handelsabkommen und einem sozialen Europa Gegenstand der Diskussion. Die SPD setzt sich für ein soziales Europa ein – so gilt es etwa, Lohndumping zu unterbinden und für einen europäischen Mindestlohn zu kämpfen. Jede*r Europäer*in solle mindestens 60 Prozent des Durchschnittsgehalts im jeweiligen Land verdienen – die Idee dabei ist, keine nationalen Alleingänge, sondern dass für eine soziale Sicherung der Menschen in allen europäischen Ländern gesorgt wird. Zudem gilt es, Steueroasen in Europa zu auszutrocknen.

„Unter der Federführung von Kanzlerkandidat und Finanzminister Olaf Scholz haben wir eine globale Mindeststeuer durchgesetzt. Es ist ein kolossaler Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit, der verhindert, dass es einen Steuersenkungswettbewerb zwischen den Staaten gibt. Internationale Konzerne müssen künftig mindestens 15% ihrer Gewinne versteuern, unabhängig davon, wo sie entstehen. Bislang zahlen Konzerne, die in Steueroasen sitzen, kaum Steuern. Mit der globalen Mindeststeuer sichert die SPD Arbeitsplätze in Deutschland und sorgt für zusätzliche Steuereinnahmen in Milliardenhöhe“, betont De Ridder.

Mit Blick auf die Aushöhlung von demokratischen und rechtsstaatlichen Werten in Polen und Ungarn fanden De Ridder und Schulz klare Worte: Europa müsse den Geldhahn für Länder zudrehen, die die europäischen Werte wie Gleichberechtigung, Toleranz und Respekt untergraben. Hier sollte Deutschland gemeinsam mit Frankreich eine führende Rolle übernehmen, um die europäischen Werte zu verteidigen. Schließlich braucht es mehr, nicht weniger Europa, bekräftigen De Ridder und Schulz abschließend.